(v. Karin Ortner)
Spannung liegt in der Luft. Was sich dramaturgisch im Verlauf der Handlung der Oper mehr und mehr zuspitzt, findet auch in der Befindlichkeit unserer Ensemblemitglieder seinen Niederschlag. Was auch immer es im Einzelfall ist, das durch das Geschehen in Schwingung gebracht wird – wir sind mittlerweile fast täglich konfrontiert mit kleineren oder größeren persönlichen Dramen, mit denen wir versuchen zurechtzukommen. Es häufen sich Krankenstände, offene Aggressions- und heimliche Tränenausbrüche, Anfälle von Überdrehtheit und völliger Verwirrtheit. Hier laufen viele Filme gleichzeitig ab! Jeden adäquat „aufzufangen“ ist in diesem Rahmen auch für das Team der Sozialarbeiter kaum möglich. Außerdem ist es nicht immer einfach, anderen Hilfestellungen zu geben, wenn man selbst Länge mal Breite gefordert wird. Nach dem Ausfall von Raoul steht nun auch fest, dass Katharina nicht mehr rechtzeitig aus ihrem Krankenstand zurückkehren wird. Wir bedauern das sehr!!
Nichtsdestotrotz nimmt aber auch die allgemeine Faszination und Begeisterung für das Gesamtkunstwerk unaufhaltsam zu. Es ist kaum zu beschreiben, wie schön es ist, einer Produktion wie dieser beim wachsen zuzusehen und gleichzeitig ein Teil von ihr zu sein! Diesen Prozess miterleben zu dürfen mit all den erheiternden, aufregenden, anstrengenden und berührenden Momenten, die ihn so lebendig machen, kann niemals gleichzusetzen sein mit der reinen Konsumation eines (wenn auch noch so perfekten und aufwendigen) künstlerischen Endergebnisses, selbst wenn alle wie besessen darauf hinarbeiten. Es ist anzunehmen, dass niemand in unserem Ensemble seinen Platz gegen den besten Sitzplatz auf der Zuschauertribüne eintauschen würde!
Die Highlights des heutigen intensiven Probetages (für unser Ensemble ausnahmsweise in zwei Etappen) sind alle Berührungspunkte zwischen Gesangs- und Bewegungschor, die bis jetzt noch eher ein Gefühl von „Nebeneinander“ anstatt „Miteinander“ hinterlassen. Während die einen von Stephan darauf getrimmt werden, dass sie auf der Bühne nicht nur zu hören sondern auch zu sehen sind und dementsprechend ihren Rollen gemäß auch dreinschauen und körperliche Bühnenpräsenz zeigen sollen, müssen die anderen (das wären dann wir) lernen, dass Sänger nun mal ein Interesse daran haben, ihren Dirigenten zu sehen, weswegen verschiedene einstudierte Formationen etwas adaptiert werden müssen. Außerdem haben wir die Anweisung, den slowakischen Damen und Herren – nicht grob aber bestimmt – ihre Plätze zuzuweisen (bei den Schiffsszenen beispielsweise), was Mut erfordert, und was man vor allem dann nicht gerne macht, wenn man gerade selbst wie ein personifiziertes Fragezeichen auf der Bühne steht. Immerhin sind alle sehr fasziniert voneinander: Die Chorsängerinnen, die bei der großen Spiegelszene von uns zum Schminken angeführt werden und dabei ihre Einsätze „verschlafen“ ebenso wie wir, die wir von ihrem Gesang so angetan sind, dass wir vor lauter zuhören nicht zur rechten Zeit am rechten Platz sind.
Viele Abläufe wurden überdies bis jetzt noch nie in „Echtzeit“ durchgespielt. Spätestens heute wird klar, dass wir an manchen Stellen verdammt schnell sein müssen, wenn wir am einen Ende der Bühne abgehen und kurz darauf auf der gegenüberliegenden Seite wieder auftreten sollen. Wie das dann noch funktionieren soll, wenn wir uns in dieser kurzen Zeit auch noch umzuziehen haben – vom Schatten der Medora beispielsweise zur Haremsdame und gleich danach zum osmanischen Soldaten - ! – nein ehrlich, das ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellbar!
Wenn man nun bedenkt, dass es in etwa 80 Leute sind, die sich allein auf der Bühne zu einem sinnvollen und erbaulichen Ganzen zusammenfügen sollen, wenn man weiters bedenkt, dass das alles dreisprachig, in knappest bemessener Zeit und in Abhängikeit vom Wetter geschehen muss, dann ist man geneigt, vor Stephan den Hut zu ziehen, der dieses Kunststück offenbar zu vollbringen versteht. Was dieser Mann alles zur gleichen Zeit im Blick haben und nach allen möglichen Kriterien auf seine Bühnentauglichkeit überprüfen muss! - Hier gähnt jemand; dort hat sich zum wiederholten Mal der klassische Hüftknick beim Stehen aus dem Alltagsleben eingeschlichen; wie ist zu bewerkstelligen, dass innerhalb von wenigen Takten zwei Chöre die Nadelöhre von Bühnenaufgängen passieren; wie viel Wind ist den kostbaren Körperinstrumenten der Solisten zuzumuten ohne dass man die ganze Produktion in Gefahr bringt; da vernichtet jemand die gesamte Bühnenspannung durch Kaugummi Kauen; die Folterszene muss neu choreographiert werden; Giovanni möge doch den Giftkelch der Medora mit etwas mehr Dramatik in Händen halten und weniger wie ein Nutellaglas; ein bisschen mehr amicale Stimmung zwischen den Bewegungschorfrauen in Soldatengewändern und den slowakisch-osmanischen Tenören…
Das Ergebnis ist beeindruckend: 80 Leute bewegen sich – wie Marionetten von unsichtbaren Fäden gezogen – durch das Bühnengeschehen. Und wo sie es nicht tun, da sorgen klare Anweisungen für Korrekturen, messerscharfe oder wohlwollende Blicke und Gesten für wortlose Verständigung, geschickt getimte humorvolle Einlagen für den nötigen Draht zu jeder einzelnen Persönlichkeit - auf dass sich jeder ernst genommen fühle, gewürdigt und respektiert, auf dass aber auch niemand in Zweifel ziehen möge, dass er sich unterzuordnen hat - und dass hier vorerst nur einer die Richtung bestimmt!
Nichtsdestotrotz nimmt aber auch die allgemeine Faszination und Begeisterung für das Gesamtkunstwerk unaufhaltsam zu. Es ist kaum zu beschreiben, wie schön es ist, einer Produktion wie dieser beim wachsen zuzusehen und gleichzeitig ein Teil von ihr zu sein! Diesen Prozess miterleben zu dürfen mit all den erheiternden, aufregenden, anstrengenden und berührenden Momenten, die ihn so lebendig machen, kann niemals gleichzusetzen sein mit der reinen Konsumation eines (wenn auch noch so perfekten und aufwendigen) künstlerischen Endergebnisses, selbst wenn alle wie besessen darauf hinarbeiten. Es ist anzunehmen, dass niemand in unserem Ensemble seinen Platz gegen den besten Sitzplatz auf der Zuschauertribüne eintauschen würde!
Die Highlights des heutigen intensiven Probetages (für unser Ensemble ausnahmsweise in zwei Etappen) sind alle Berührungspunkte zwischen Gesangs- und Bewegungschor, die bis jetzt noch eher ein Gefühl von „Nebeneinander“ anstatt „Miteinander“ hinterlassen. Während die einen von Stephan darauf getrimmt werden, dass sie auf der Bühne nicht nur zu hören sondern auch zu sehen sind und dementsprechend ihren Rollen gemäß auch dreinschauen und körperliche Bühnenpräsenz zeigen sollen, müssen die anderen (das wären dann wir) lernen, dass Sänger nun mal ein Interesse daran haben, ihren Dirigenten zu sehen, weswegen verschiedene einstudierte Formationen etwas adaptiert werden müssen. Außerdem haben wir die Anweisung, den slowakischen Damen und Herren – nicht grob aber bestimmt – ihre Plätze zuzuweisen (bei den Schiffsszenen beispielsweise), was Mut erfordert, und was man vor allem dann nicht gerne macht, wenn man gerade selbst wie ein personifiziertes Fragezeichen auf der Bühne steht. Immerhin sind alle sehr fasziniert voneinander: Die Chorsängerinnen, die bei der großen Spiegelszene von uns zum Schminken angeführt werden und dabei ihre Einsätze „verschlafen“ ebenso wie wir, die wir von ihrem Gesang so angetan sind, dass wir vor lauter zuhören nicht zur rechten Zeit am rechten Platz sind.
Viele Abläufe wurden überdies bis jetzt noch nie in „Echtzeit“ durchgespielt. Spätestens heute wird klar, dass wir an manchen Stellen verdammt schnell sein müssen, wenn wir am einen Ende der Bühne abgehen und kurz darauf auf der gegenüberliegenden Seite wieder auftreten sollen. Wie das dann noch funktionieren soll, wenn wir uns in dieser kurzen Zeit auch noch umzuziehen haben – vom Schatten der Medora beispielsweise zur Haremsdame und gleich danach zum osmanischen Soldaten - ! – nein ehrlich, das ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellbar!
Wenn man nun bedenkt, dass es in etwa 80 Leute sind, die sich allein auf der Bühne zu einem sinnvollen und erbaulichen Ganzen zusammenfügen sollen, wenn man weiters bedenkt, dass das alles dreisprachig, in knappest bemessener Zeit und in Abhängikeit vom Wetter geschehen muss, dann ist man geneigt, vor Stephan den Hut zu ziehen, der dieses Kunststück offenbar zu vollbringen versteht. Was dieser Mann alles zur gleichen Zeit im Blick haben und nach allen möglichen Kriterien auf seine Bühnentauglichkeit überprüfen muss! - Hier gähnt jemand; dort hat sich zum wiederholten Mal der klassische Hüftknick beim Stehen aus dem Alltagsleben eingeschlichen; wie ist zu bewerkstelligen, dass innerhalb von wenigen Takten zwei Chöre die Nadelöhre von Bühnenaufgängen passieren; wie viel Wind ist den kostbaren Körperinstrumenten der Solisten zuzumuten ohne dass man die ganze Produktion in Gefahr bringt; da vernichtet jemand die gesamte Bühnenspannung durch Kaugummi Kauen; die Folterszene muss neu choreographiert werden; Giovanni möge doch den Giftkelch der Medora mit etwas mehr Dramatik in Händen halten und weniger wie ein Nutellaglas; ein bisschen mehr amicale Stimmung zwischen den Bewegungschorfrauen in Soldatengewändern und den slowakisch-osmanischen Tenören…
Das Ergebnis ist beeindruckend: 80 Leute bewegen sich – wie Marionetten von unsichtbaren Fäden gezogen – durch das Bühnengeschehen. Und wo sie es nicht tun, da sorgen klare Anweisungen für Korrekturen, messerscharfe oder wohlwollende Blicke und Gesten für wortlose Verständigung, geschickt getimte humorvolle Einlagen für den nötigen Draht zu jeder einzelnen Persönlichkeit - auf dass sich jeder ernst genommen fühle, gewürdigt und respektiert, auf dass aber auch niemand in Zweifel ziehen möge, dass er sich unterzuordnen hat - und dass hier vorerst nur einer die Richtung bestimmt!
tante_ka - 8. Jul, 10:25